Mit der Vernetzung des Autos durch OTA-Updates entstehen neue Pflichten für die Hersteller. (Bild: Adobe Stock / chesky)
Der europäische Rechtsrahmen für hochautomatisiertes Fahren nimmt immer mehr Gestalt an. Der letzte Schritt betrifft die UNECE R 156, die seit Anfang Juli in der EU in Kraft ist. Die Verordnung legt die Anforderungen an Software-Updates in Fahrzeugen fest. Genauer gesagt: Für Software-Updates im Zusammenhang mit der Typgenehmigung. „Vor Inkrafttreten der R 156 waren typgenehmigungsrelevante Softwareupdates überhaupt nicht möglich“, sagt Jann Fehlauer, Geschäftsführer der Dekra Automobil. “Bei einer Änderung im Zusammenhang mit der Typgenehmigung bestimmt die vorgeschriebene Vorschrift, wie sie durchzuführen ist.” Durch Typgenehmigungen erhält ein OEM die Erlaubnis, ein Fahrzeug oder Fahrzeugsystem herzustellen und in Verkehr zu bringen. Mit dem Aufkommen von Level 3 und höheren Automatisierungsstufen werden sicherheitsrelevante Updates und deren rechtzeitige und korrekte Installation immer wichtiger. Erst der R 156 schafft dafür den Rahmen. Es beschreibt die Anforderungen, die für Updates erfüllt sein müssen, wenn ein OEM diese nach der Zulassung eines Fahrzeugs durchführen oder die Software von zulassungsrelevanten Komponenten aktualisieren möchte.
Was UNECE R 156 definiert
Der Hersteller muss ein Verfahren zum sicheren Einbringen von Software in das Fahrzeug festlegen. Das Verfahren verdeutlicht auch, wie ein OEM beurteilt, dass die bestehende Typgenehmigung noch gültig ist. Mit dem R 156 kann er das erstmals selbst. Bisher war dies Aufgabe der vom Kraftfahrt-Bundesamt beauftragten Prüforganisationen wie TÜV oder Dekra. Ob sich ein Update auf die Typgenehmigung auswirkt, muss der OEM nun eigenständig feststellen. Umgekehrt kann ein Hersteller aus wirtschaftlichen Gründen darauf verzichten, dass ein bestimmtes Steuergerät aktualisiert werden kann. Denn für updatefähige Komponenten muss ein Hersteller ein Betriebssystem erstellt haben, um Softwareupdates zu verwalten. Es wird von einer Prüforganisation geprüft und bei Erfolg zertifiziert. Wenn ein Fahrzeug typgenehmigt wird, muss der Hersteller diese Bescheinigung vorlegen. Das Kraftfahrt-Bundesamt stimmt dann endgültig zu. Alle drei Jahre ist dann eine erneute Überprüfung durch eine Prüforganisation erforderlich, um das Zertifikat zu erneuern.
Ohne Over-the-Air-Updates geht es nicht
Diese neuen Vorschriften gelten unabhängig davon, ob das Update Over-the-Air (OTA) oder Kabel ist. Durch die zunehmende Bedeutung von Software im Fahrzeug wird es aber zwangsläufig häufiger zu Updates kommen, was sich auch in der Welt der klassischen IT-Systeme zeigt. Nur so können Fehler behoben, Features erweitert oder Sicherheitslücken geschlossen werden. Daher sind OTA-Updates erforderlich, damit Fahrzeugbesitzer sie akzeptieren können. Schließlich möchte niemand ständig in die Werkstatt fahren müssen, um ein Update einzuspielen. Laut einer Umfrage der Testorganisation Dekra und des Marktforschungsinstituts Ipsos im vergangenen März unter 1.000 Autobesitzern kann sich mittlerweile fast die Hälfte vorstellen, Updates über die Funkschnittstelle zu erhalten. „Heute beziehen sich Over-the-Air-Updates in der Regel auf einfachere Updates wie Designänderungen am Infotainmentsystem oder Navigationskarten, nicht auf typgenehmigungsrelevante Änderungen wie eine neue Assistenzmodus-Reservierung“, sagt Fehlauer. Aber dabei wird es nicht bleiben. Soll für Updates eine Funkschnittstelle verwendet werden, sieht die R 156 weitere Regelungen vor.
Strengere Regeln für OTA-Updates
Beispielsweise können Updates während der Fahrt nur dann eingegeben werden, wenn sie die Sicherheit nicht beeinträchtigen. Darüber hinaus muss der Fahrer vor dem Update über den Zweck, die vorgenommenen Änderungen und eine eventuell erforderliche Mitwirkung informiert werden. Auch über den erfolgreichen Abschluss und eventuelle Änderungen des Benutzerhandbuchs muss er informiert werden. Nicht zuletzt muss ein OEM im Falle eines fehlgeschlagenen Updates in der Lage sein, entweder den alten Zustand oder den ISO-definierten sicheren Zustand wiederherzustellen. Als sicher gilt es beispielsweise auch, wenn nach fehlgeschlagenem Update der Spurhalteassistent oder der Abstandsregeltempomat nicht mehr aktivierbar sind.