Gasknappheit im Winter: Wegen drohender Stromkrise – „Wir müssen verzichten lernen“

Viele Menschen rechnen nicht damit, im Winter zu frieren. Die Schweizer werden jedenfalls lernen müssen, darauf zu verzichten, sagt der Soziologe Ueli Mäder. 1/5 “Dann ziehe ich einen wärmeren Pullover an”: Viele Schweizer rechnen nicht mit Stromausfällen. Und wenn ja, wäre eine kältere Wohnung nicht das größte Problem. Eine 20-minütige Umfrage zeigt, dass es eher wie eine kalte Dusche ist. Getty Images/iStockphoto Doch entgegen dem Optimismus der Bevölkerung: Der Bundesrat rechnet damit, dass Erdgas und Strom im Winter knapp werden. Das sagte Energieministerin Simonetta Sommaruga Ende Juni vor den Medien. Aber private Haushalte dürften nicht darunter leiden, sagte er. Die Wirtschaft muss sich erholen. Youtube.com Stefan Wolf von der deutschen Metallindustrie sieht das anders: Im Notfall sollte die Heizung in Büros runtergedreht werden, sagt er. gesamtmetall.de

Die Bundesregierung rechnet im kommenden Winter mit Erdgasknappheit. Auch Strom könnte knapp werden. Viele Menschen glauben jedoch nicht daran. Laut einer nicht repräsentativen 20-Minuten-Umfrage geht die Mehrheit davon aus, dass wir im Winter nicht frieren müssen. Wir Schweizer haben Krisen überstanden und haben deshalb das Gefühl, dass es immer so weitergehen wird, sagt der Soziologe Ueli Mäder. Aber das stimmt nicht, wir müssen unser Konsumverhalten ändern.

Der Strom kann ausgehen. Energieministerin Simonetta Sommaruga hat schon vor Wochen gesagt, dass der Bundesrat für den Winter mit einer Gasknappheit rechnet. Strommangel kann nicht ausgeschlossen werden. Anfangs galt noch der Grundsatz, dass die privaten Haushalte nur zuletzt sparen sollten, vor allem Gewerbe und Industrie den Mangel zu spüren bekommen würden. “Rolltreppen und Leuchtreklamen” würden zuerst abgeschaltet, sagte Sommaruga. Doch dies wird zunehmend in Frage gestellt. Stefan Wolf, ein Vertreter der deutschen Metallindustrie, fordert, dass Erdgas im Notfall zugunsten der Industrie umverteilt und Büros weniger geheizt werden.

Die Menschen erwarten keine Knappheit

Eine nicht repräsentative 20-Minuten-Umfrage zeigt, dass viele Menschen nicht damit rechnen, dass wir im Winter wirklich frieren, manchmal nicht kochen können oder das Licht nicht mehr brennt. Mehr als die Hälfte der 12.000 Befragten hält das für zu viel und glaubt, dass die Behörden das Problem in den Griff bekommen werden. Ueli Mäder, Soziologe und emeritierter Professor der Universität Basel, ist von diesem Befund nicht überrascht. Wir Schweizer sind bisher Krisen und Engpässen weitgehend entgangen und haben deshalb das Gefühl, dass es immer so weitergehen wird, sagt er. „Wir sind wie eine privilegierte Insel. Aber es wird nicht immer so weitergehen, es muss sich etwas ändern.” Wir, die Bevölkerung der westlichen Industrienationen, müssten uns anpassen, maßvoller leben und weniger Ressourcen verbrauchen. “Wir haben es jahrelang übertrieben und gelebt, als ob die Ressourcen unendlich wären.” Deshalb könne ein Blackout im Winter der Beginn eines neuen Lebensgefühls sein, sagt Mäder. „Dann erkennen wir vielleicht, was wirklich wichtig ist im Leben. Was mit weniger Konsum und Handel geht, vielleicht sogar besser.“ Aber er wollte die Situation nicht beschönigen. „Mir tun die sozial Benachteiligten leid, die beengt wohnen, wenig verdienen und heute schon an die Decke gehen müssen.“ Außerdem wird es Menschen geben, die es kaum verkraften, wenn es im Winter in den eigenen vier Wänden nur 15 Grad Celsius hat. “Einige von ihnen sind Menschen, die schon nicht sehr tolerant sind, wenn der Zug etwas Verspätung hat oder wenn ein bestimmtes Produkt nicht im Regal steht.” Viele Menschen hingegen könnten Stromausfälle gut verkraften und würden sie sogar zum Anlass nehmen, ihren Lebensstil grundlegend zu ändern, sagt Mäder.

Solidarität könnte reduziert werden

Joel Berger, Soziologe an der Universität Bern, hält die Schweizer für nicht besonders krisenfest. Der Grund ist der Individualismus, der gerade in den westlichen Industrienationen stark ausgeprägt ist und seine guten Seiten hat. Die Freiheit des Einzelnen ist groß. Noch geringer ist die Bereitschaft, Unannehmlichkeiten für gemeinsame Ziele in Kauf zu nehmen. Berger rechnet damit, dass auch die Solidarität mit der Ukraine abnehmen könnte. “Es ist möglich, dass die Forderungen der Rechten nach einer Aufhebung der Sanktionen gegen Russland mehr Unterstützung erhalten, wenn die Menschen tatsächlich zu Hause frieren oder vorübergehend die Lichter ausgehen.”

Eine kältere Wohnung ist in Ordnung, duschen Sie nicht kalt

Eine 20-minütige Straßenumfrage zeigt, dass kühlere Temperaturen zu Hause für manche kein großes Problem darstellen würden. „Ich wäre nicht schockiert. Dann ziehst du dich einfach etwas wärmer an“, sagt Kommunikationsspezialistin Anna. Und Redaktionsberater Marco: „Ich schlafe auch bei offenem Fenster und habe nur eine dünne Decke zum Schlafen. Temperaturtechnisch wäre das kein Problem, muss ich sagen.’ Mit einer kalten Dusche hingegen hätten die Befragten mehr Mühe. „Das wäre schwieriger“, sagt Marco.

Die Bundesregierung rät zu einer Bargeldbevorratung

Da bei einem Stromausfall auch Bancomaten und elektronische Karten- oder TWINT-Zahlungssysteme betroffen sind, rät das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL) zur Schaffung eines «Mindestbestands an Kleingeld». Das Amt empfiehlt außerdem, Lebensmittel und andere Konsumgüter für etwa eine Woche zu Hause vorrätig zu haben. Denn wenn das Verkehrssystem wegen blockierter Verkehrswege ausfällt, könnten kleinere Städte in kurzer Zeit von der Versorgung abgeschnitten sein. Eine solche Unterbrechung dauert nicht Monate, sondern kann mehrere Tage andauern. (blau) Verpassen Sie keine Neuigkeiten mehr Mit dem täglichen Update bleiben Sie bei Ihren Lieblingsthemen auf dem Laufenden und verpassen keine News mehr zum aktuellen Weltgeschehen. Holen Sie sich täglich das Wichtigste kurz und prägnant direkt in Ihr Postfach.