Finanzminister Robert Hambeck (Grüne) sagte, es sei “bittere Medizin”. Die Umlage soll dazu beitragen, das alte Geschäftsmodell in Deutschland zu beenden, das auf billiges Gas aus Russland setzt. “Dieses Modell ist gescheitert und wird nicht zurückkehren”, sagte der Minister.

Die Kanzlerin macht Hoffnung auf größere Erleichterungen

Auch Bundeskanzler Olaf Solz (SPD) zieht die unerfreuliche Reiseentscheidung nach Skandinavien konsequent durch – und stellt klar, dass bald ein drittes Hilfspaket ansteht.
„Ich bin sehr froh, dass die Abgabe nicht so hoch ausgefallen ist, wie einige in den vergangenen Tagen spekuliert haben“, sagte Solz am Rande eines Treffens mit den Regierungschefs von Island, Schweden, Finnland und Dänemark sowie dem norwegischen Ministerpräsidenten in Oslo. Aber das ist eine Belastung für die Bürger.
Es sei daher richtig, „sich nicht auf die beiden Hilfspakete von 30 Milliarden Euro zu konzentrieren, die wir bereits auf den Weg gebracht haben“. Ein weiteres Entlastungspaket werde “intensiv” vorbereitet – denn die Abgabe sei derzeit nur eine Belastung von vielen.
Bundeskanzler Olaf Solz beim Treffen mit den skandinavischen Regierungschefs – Norwegen verspricht, noch mehr Erdgas zu liefern Foto: Kay Nietfeld/dpa Deshalb werde das Paket auch weit über den Aufschlag hinausgehende Belastungen bewältigen, sagte die Kanzlerin angesichts rasant steigender Energiekosten und hoher Inflation in Oslo. Allerdings kämpft Finanzminister Christian Lindner (FDP) bislang gegen zu hohe Neubelastungen und will auch die Schuldenbremse ab 2023 wieder einhalten. Der Koalition stehen also entscheidende Wochen bevor.

Scholz will mehr Gas aus Norwegen

Nach einem abschließenden bilateralen Treffen mit dem Gastgeber, dem norwegischen Ministerpräsidenten Jonas Gahr Støre, betonte Scholz, dass Norwegen seit 50 Jahren ein zuverlässiger und vor allem demokratischer Energielieferant sei und das Land zum wichtigsten Energielieferanten werden solle. Ergebnis des russischen Krieges in der Ukraine. Von Januar bis April dieses Jahres exportierte Norwegen fast 15 Milliarden Kubikmeter Erdgas nach Deutschland, fast doppelt so viel wie im gleichen Zeitraum im Jahr 2021. Damit konnte das skandinavische Land einen Teil der Importe aus Russland ersetzen. Drei von sieben norwegischen Exportpipelines führen nach Deutschland. Darüber hinaus sollen die LPG-Exporte in die EU zunehmen. “Auf Norwegen ist Verlass”, sagte Scholz. Allerdings heißt es aus Norwegen: Viel mehr Erdgas als heute kann nicht geliefert werden. Scholz betonte, dass sich die Erdgasinfrastruktur schnell ändern sollte, damit sie nicht mehr so ​​abhängig von einem Lieferland sei und deutlich flexibler werde. Außerdem über vier LPG-Terminals in Lubmin, Brunsbüttel, Wilhelmshaven und Stade. Robert Habeck verteidigt die Gasabgabe Foto: Britta Pedersen/dpa

Habeck: Eine Alternative zur Abgabe wäre der Versorgungseinbruch

Hambeck verteidigte die Gasumlage, die fast jeden zweiten deutschen Haushalt treffen würde, als “möglichst faire” Option: “Die Alternative ist nicht keine Umlage, die Alternative wäre der Zusammenbruch des deutschen Energiemarktes.” Tatsächlich hatten die Importunternehmen, die das Erdgas von russischen Unternehmen geliefert haben, in den letzten Monaten finanzielle Schwierigkeiten. Da Russland Lieferverträge nicht mehr einhält, die Importeure aber selbst Verpflichtungen gegenüber Großkunden und Stadtwerken haben, müssen sie die ausgefallenen Gaslieferungen am Spotmarkt beschaffen – zu deutlich höheren Preisen. Im Prinzip mussten Importeure, insbesondere wenn sie mit Russland zu tun hatten, das Erdgas teurer kaufen als sie es verkauften. Mit der bis zum 1. April 2024 laufenden Gasumlage sollen Verbraucher nun Unternehmen unterstützen. Wie Trading Hub Europe, ein Konsortium von Erdgas-Fernleitungsnetzbetreibern, auf 2,4 Cent pro Kilowattstunde kam, blieb am Montag unklar. Das Finanzministerium veröffentlicht keine Studien oder genaue Zahlen. [Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.] Die Umlage basiere auf den Daten, die die Unternehmen in den vergangenen Tagen gemeldet hätten, sagt Habeck und fügt hinzu: „Sie wurde von der Bundesnetzagentur streng geprüft.“

Welche Unternehmen den Zuschlag tragen, ist unklar

Die Bundesregierung lässt noch viele weitere Fragen offen. So dürfen beispielsweise nur zwölf Unternehmen den Zuschlag weitergeben. Um welche Unternehmen es sich handelt, sagt das Finanzministerium in seiner Verordnung nicht. RWE und Shell, die zuletzt hohe Gewinne verbuchten, haben bereits angekündigt, die Abgabe vorerst nicht an ihre Kunden weiterzugeben. Wer neben Uniper – Deutschlands größtem Erdgasimporteur, der in finanzielle Schwierigkeiten geriet – noch Anspruch auf die Abgabe hat, ist noch unklar. Ebenso ungewiss ist, wie Festverträge, die faktisch keine Zuteilungen oder Aufstockungen zulassen, gehandhabt werden. Nach Angaben des Finanzministeriums prüft das Ministerium diese Frage noch. Geld verbrannt. Ein vierköpfiger Haushalt zahlt im Schnitt 460 Euro mehr pro Jahr Foto: IMAGO/STAR-MEDIA Die Bundesregierung, vor allem in Person von Bundeskanzler Olaf Solz (SPD) und Finanzminister Habeck, hatte sich lange öffentlich für den Winter gerüstet erklärt. Doch erst seit der russische Staatskonzern Gazprom mit der Rohturbinen-Story gegen langfristige Gasverträge verstoßen hat, ist das Finanzministerium aufgewacht. Experten kritisieren, dass es zu lange keine Sparanreize oder Sparregeln gibt. Auch die Verwirrung um die Mehrwertsteuer zeigt, dass das Ministerium unter großem Druck arbeitet. Bei der Mehrwertsteuer muss ein durchschnittlicher Haushalt knapp 100 Euro an zusätzlichen Steuern auf die Abgabe zahlen. Obwohl die Ampel das nicht will, musste Finanzminister Christian Lindner (FDP) in Brüssel eine Show abliefern. Der Ausgang ist ungewiss.

Vereine wollen die Mehrwertsteuer senken

Dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) geht dieser kosmetische Eingriff so oder so nicht weit genug. Dort fordern sie eine vorübergehende Senkung der Mehrwertsteuer auf Gas- und Strompreise von 19 Prozent auf einen reduzierten Satz von 7 Prozent. Ab Januar 2023 soll sich das für mindestens zwei Jahre ändern. „Dies gilt für den Strompreis und insbesondere für den Erdgaspreis, da neben den enorm gestiegenen Bereitstellungskosten mit der neuen Erdgasbezugs- und Gasspeicherumlage weitere kräftige Preissteigerungen zu erwarten sind“, sagte der BDEW-Präsident Kerstin Andreae. Mehr zur Energiekrise im Tagesspiegel Plus: Tatsächlich könnte neben den Erdgaspreisen auch die Erdgasumlage nochmals erhöht werden. Die Unternehmen müssen ihre Nebenkosten jeden Monat berechnen und diese Daten werden dann alle drei Monate neu berechnet. „Wenn Russland noch weniger Erdgas liefert und die Weltmarktpreise weiter steigen, kann ich mir gut vorstellen, dass der Aufschlag deutlich steigen könnte“, sagt Energiemarktexperte Andreas Schröder. Mehr als fünf Cent pro Kilowattstunde hält er für möglich. Für einen durchschnittlichen Vier-Personen-Haushalt bedeutet dies allein für die Umlage Mehrkosten von rund 1.000 Euro. „Wir erleben derzeit einen Anbietermarkt, in dem sich Erdgasproduzenten ihre Kunden und den Preis praktisch aussuchen können.“ Schröder prognostiziert, dass sich der Markt erst Mitte der 1920er Jahre wieder beruhigen wird, dann werden relevante Mengen an US-LNG-Lieferungen auf dem Weltmarkt verfügbar sein.