Bei der Parkinson-Krankheit werden Alpha-Synuclein-Proteine im Gehirn abgelagert. Die Hoffnung, mit Antikörpern, die Alpha-Synuclein binden, den Krankheitsverlauf aufhalten zu können, hat sich bislang zerschlagen. Zwei klinische Studien zeigen enttäuschende Ergebnisse.
Zwei Alpha-Synuclein-bindende Antikörper enttäuschen in klinischen Studien: Weder der Antikörper Cinpanemab noch Prasinezumab zeigten signifikante Wirkungen bei Patienten mit Parkinson im Frühstadium. Weder war bildgebend ein Abbau der Proteinablagerungen zu sehen, noch konnte das Fortschreiten der Erkrankung verzögert werden. Die Ergebnisse der beiden randomisierten, Placebo-kontrollierten Phase-2-Studien wurden letzte Woche im New England Journal of Medicine/NEJM veröffentlicht.
Eine Studie wurde vorzeitig beendet
An der Cinpanemab-Studie nahmen 357 Patienten teil, die zwei verschiedene Dosen des Antikörpers (1.250 mg oder 3.500 mg) oder ein Placebo erhielten. Da nach 72 Wochen keine Unterschiede festgestellt werden konnten, wurde die Studie vorzeitig beendet. Nicht besser verlief die Behandlung mit dem α-Synuclein-bindenden Wirkstoff Prasinezumab. Das Medikament wurde auch in zwei verschiedenen Dosierungen verabreicht und mit einem Placebo verglichen. Auch hier gab es keine Verbesserungen des klinischen Ergebnisses und der Bildgebung in den Behandlungsarmen.
α-Synuclein-Ablagerungen sind wahrscheinlich nicht die Ursache
Die beiden Antikörper wurden unter der Hypothese entwickelt, dass α-Synuclein-Ablagerungen die Ursache für den degenerativen Prozess sind. Denn die für Parkinson typischen Lewy-Körperchen, runde Einschlüsse im Zytoplasma von Nervenzellen, bestehen aus diesem speziellen Protein. Daher war die Hoffnung groß, dass mit Antikörpern, die α-Synuclein binden, eine ursächliche Therapie gegen die Parkinson-Krankheit gefunden werden könnte. Möglicherweise ist α-Synuclein aber gar nicht die Ursache der Parkinson-Krankheit, sondern lediglich ein Biomarker, vermutet Professor Lars Timmermann, „eine gezielte Therapie gegen α-Synuclein ist daher zwecklos“, so der Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Neurologie . „Bei einer Ursache-Wirkungs-Kette zwischen α-Synuclein und dem Verlauf von Parkinson hätten die Ergebnisse zumindest tendenziell positiv ausfallen müssen.“
Es gibt mehrere Subtypen der Parkinson-Krankheit
Ganz pessimistisch sieht Neurologe Timmermann die Lage allerdings nicht: „Aktuell wird auch an sogenannten ‚kleinen Molekülen‘ und RNA-basierten Therapieansätzen geforscht, um den vermeintlich krankheitserregenden Proteinaggregaten vorzubeugen.“ Es bleibt abzuwarten, ob diese Substanzen möglicherweise eine größere Wirkung haben.” Timmerman betont, dass zwar von der Parkinson-Krankheit gesprochen wird, dahinter aber viele verschiedene Krankheitsbilder mit unterschiedlichen Verläufen stecken. Ziel sollte es daher sein, Subtypen besser zu klassifizieren und Behandlungsoptionen für einzelne Krankheitstypen zu testen. „Eine Studie zu einem Krebsmedikament, das bei einer Tumorart wirkt, wäre vermutlich auch negativ, wenn man auch Krebspatienten mit unterschiedlichen Tumorerkrankungen einbeziehen würde.“
Nervenzellen sterben in der Substantia nigra ab
Bei der Parkinson-Krankheit gehen Nervenzellen in der Substantia nigra – einem dunkel gefärbten Bereich des Gehirns, der die Bewegung steuert – verloren. Dadurch fehlt im Gehirn der Neurotransmitter Dopamin, der für die Übertragung von Nervenimpulsen unerlässlich ist. Bei einem Mangel an Dopamin werden die Befehle des Gehirns an die Muskeln verzögert, unvollständig oder gar nicht empfangen. Dies führt zu den motorischen Symptomen, die die Parkinson-Krankheit charakterisieren, eingeschränkter Beweglichkeit, steifer Muskulatur und Zittern im Ruhezustand. Was genau das Absterben von Nervenzellen in der Substantia nigra verursacht, ist noch nicht geklärt. Die Theorie, dass α-Synuclein-Ablagerungen den degenerativen Prozess verursachen, scheint nach diesen beiden Studien weniger plausibel.