Wie hoch wird die Abgabe sein?

Die genaue Höhe der Umlage berechnet der sogenannte Marktgebietsmanager Trading Hub Europe, ein Joint Venture der Erdgasfernleitungsnetzbetreiber. Das soll am Montag bekannt gegeben werden. Das Finanzministerium hat kürzlich eine Skala von 1,5 bis 5 Cent pro Kilowattstunde eingeführt. Alle Erdgasverbraucher, Unternehmen und Privathaushalte, müssen die Umlage zahlen. Das Vergleichsportal Verivox errechnet für diese Reichweite Mehrkosten zwischen 89 und 298 Euro für einen Single-Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 5000 Kilowattstunden. Ein typisches Haushaltsehepaar würde zwischen 214 und 714 Euro zahlen, eine Familie in einem Einfamilienhaus (Verbrauch 20.000 Kilowattstunden) mit 357 und 1190 Euro. Dies beinhaltet die Mehrwertsteuer. Hinzu kommen drastische marktbedingte Preiserhöhungen, die teilweise auf die Kunden durchsickern. Viele Menschen sind davon betroffen, weil etwa die Hälfte der Wohnungen in Deutschland mit Erdgas beheizt werden.

Wann erreicht der Zuschlag die Verbraucher?

Die Umlage gilt ab Anfang Oktober – wird aber laut Finanzministerium nicht sofort, sondern mit leichter Verzögerung auf Rechnungen sichtbar sein. Für den Verbraucherschutz sind im Energiewirtschaftsgesetz Kündigungsfristen von vier bis sechs Wochen einzuhalten. Daher wird der Zuschlag voraussichtlich im November/Dezember erstmals auf Rechnungen erscheinen. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) rechnet jedoch damit, dass einige Versorger ihren Kunden die Umlage ab dem 1. Oktober in Rechnung stellen. Der Zuschlag wird laut Ministerium monatlich abgerechnet und kann alle drei Monate angepasst werden. Erfüllt Russland die vertraglich zugesicherten Mengen wieder vollständig, beträgt die Preisanpassung null. Daher hängt die Höhe der Umlage im Wesentlichen von der Menge und dem Preis des als Ersatz und nach Bedarf gelieferten Erdgases ab. Je höher die Entschädigung für Importeure, desto höher der Aufschlag.

Warum ist die Abgabe überhaupt notwendig?

Erdgasimporteure haben Lieferverpflichtungen gegenüber ihren Kunden, insbesondere Stadtwerken. Importeure können diese Lieferverpflichtungen nur erfüllen, indem sie die verlorenen Mengen aus Russland durch den kurzfristigen Zukauf deutlich teurerer Mengen ersetzen. Ab sofort können diese Mehrkosten nicht weitergegeben werden. Ergebnis: Importeure haben erhebliche Verluste erlitten und der Fortbestand des Unternehmens könnte gefährdet sein. Deshalb einigte sich die Bundesregierung mit dem Gemeinschaftsunternehmen Uniper auf ein milliardenschweres Rettungspaket. Gleichzeitig hat die Bundesregierung auch beschlossen, die Umlage bei allen Erdgaskunden einzuführen. Die Alternative wäre, den finanziellen Ausgleich für Importeure aus dem Staatshaushalt zu finanzieren. Allerdings wäre dies mit „erheblichen Belastungen“ für den Haushalt verbunden, heißt es in der Verordnung. Auch politisch setzt die Bundesregierung ein Signal: Gassparen lohnt sich auch finanziell.

Wie funktioniert die Abgabe?

Kernstück sind Entschädigungen an Erdgasimporteure. Sie sollen ausreichen, um Insolvenzen zu verhindern, heißt es. Die Abgabe soll „weitere massive Preiserhöhungen durch den Wegfall marktwichtiger Gasimporteure durch Insolvenz“ verhindern. Der finanzielle Ausgleich für die betroffenen Erdgasimporteure ist befristet auf die Erfüllung der vertraglichen Lieferverpflichtungen vom 1. Oktober 2022 bis zum 1. April 2024. Die betroffenen Erdgasimporteure tragen laut Ministerium alle Kosten nur für den Ersatz Lieferung bis Oktober. Danach übernehmen sie dauerhaft 10 % der Kosten. Für die Berechnung der Aufteilung gibt es eine komplexe Formel, die unter anderem die Differenz zwischen dem vertraglich vereinbarten und dem aktuellen Kaufpreis berücksichtigt. Die Höhe der Mehrkosten muss von Wirtschaftsprüfern bescheinigt werden. Den Ausgleich leisten laut Ministerium die Erdgasversorger, die in der Regel ihre Kunden belasten.

Welche offenen Fragen gibt es?

Ein Problem ist der Umgang mit Kunden mit festen Verträgen. Bisher hat das Ministerium nur gesagt, dass dies geprüft werde. In einem Schreiben an Habeck warnen der BDEW und der Verband der Stadtwerke davor, dass Tarifanpassungen für Kunden mit nicht anpassungsfähigen Verträgen erst zum 1. Oktober umgesetzt werden könnten. Davon sind durchschnittlich rund 25 Prozent der Privat- und Kleingewerbekunden betroffen, bei einigen Anbietern sogar noch mehr. „Die Folge wäre, dass die Unternehmen die Umlage an den Marktgebietsverwalter zahlen müssten, diese aber von den Endverbrauchern nicht sofort erstattet wird“, heißt es in dem Schreiben. Bei Festpreisverträgen und bei der Lieferung von Strom und Fernwärme aus Erdgas besteht die Gefahr des Totalausfalls, wenn der Aufschlag nicht vertraglich weitergegeben werden kann. „Für Energieversorger entstehen dadurch erhebliche Liquiditätsprobleme, die aufgrund der ohnehin angespannten Wirtschaftslage auch zu einer Insolvenz führen können.“

Wie sieht es mit der Mehrwertsteuer aus?

Die Mehrwertsteuer wird fortan von der staatlichen Erdgassteuer geschuldet – also gewinnt auch der Staat. Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Habeck wollen das verhindern, aber rechtlich ist das nicht einfach. Solche Ausnahmen sind laut Finanzministerium in der europäischen Gesetzgebung nicht vorgesehen. Lindner hatte versprochen, alle rechtlichen und politischen Möglichkeiten auszuschöpfen, um eine zusätzliche Belastung zu vermeiden. Die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger schlug vor, die Mehrwertsteuereinnahmen aus der Gasumlage an die ärmsten Haushalte abzuführen. Neben dem Bereitstellungsentgelt wird im Herbst auch ein Gasspeicherentgelt erhoben. Damit soll der Trading Hub Europe die Kosten entschädigt werden, die ihr durch die Gewährleistung der Versorgungssicherheit, also den Einkauf von Erdgas, entstehen. Das Finanzministerium geht jedoch nicht davon aus, dass diese Abgabe eine „relevante Höhe“ erreichen wird.

Inwieweit plant die Bundesregierung zusätzliche Entlastungen?

Bundeskanzler Olaf Solz (SPD) bekräftigte am Donnerstag, dass die Regierung die Bürger nicht allein lassen werde. Zu Beginn des nächsten Jahres wird mit einer deutlichen Erhöhung des Wohngeldes gerechnet, zudem ist ein dauerhafter Heizkostenzuschuss für einkommensschwache Haushalte vorgesehen. Finanzminister Lindner plant Steuererleichterungen, doch seine Idee ist in der Koalition umstritten. Teile der SPD und der Grünen nennen sie sozial unausgewogen.