Die polnische Regierung geht davon aus, dass die Chemieabfälle in der Oder entsorgt werden
Ab: 19:26 Uhr| Lesezeit: 3 Minuten
Fischsterben in der Oder – Beweis für extrem hohe Quecksilberwerte im Fluss
Tote Fische schwimmen seit Tagen in der Oder zwischen Deutschland und Polen. Etwa zehntausend Tonnen Fischkadaver wurden bereits geborgen. Ursache für das Fischsterben ist offenbar ein extrem hoher Quecksilbergehalt im Wasser.
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Ist illegal deponierter Chemieabfall der Grund für das Massenfischsterben in der Oder? Die polnische Regierung handelt bewusst. Im Grenzfluss wurde eine erhebliche Quecksilberbelastung festgestellt. Umweltschützer sind besorgt.
Nach Angaben des polnischen Ministerpräsidenten Mateusz Morawiecki wurde das Fischsterben in der Oder offenbar durch die Verklappung von Chemieabfällen verursacht. „Es ist möglich, dass eine riesige Menge chemischer Abfälle in den Fluss gekippt wurde und das in vollem Wissen um die Risiken und Folgen“, sagte Morawiecki in einem am Freitag auf Facebook geposteten Video.
Morawiecki betonte, dass alle zuständigen Behörden in Alarmbereitschaft versetzt worden seien. Täglich wird Wasser aus dem Fluss entnommen, Veterinär- und Gesundheitsbehörden sind ebenfalls involviert. “Aber die wichtigste Aufgabe ist jetzt, den Täter, den Giftmischer, zu finden.” Dies sei kein gewöhnliches Verbrechen, da der Schaden jahrelang anhalten könne, so der polnische Regierungschef weiter. “Wir werden nicht ruhen, bis die Schuldigen hart bestraft sind.”
Nach Angaben der polnischen Wasserbehörde wurden zehn Tonnen tote Fische gefunden. „Du willst nur vor Wut schreien“, schrieb Morawiecki auf Facebook. Als Reaktion auf Kritik am Umgang der Regierung mit der Situation entließ Morawiecki am Freitag zwei Spitzenbeamte. Der Leiter der Wasserbehörde und der Leiter der Umweltbehörde sollen ihre Ämter mit sofortiger Wirkung räumen, schrieb der Politiker auf Twitter.
Das Bundesumweltministerium monierte, dass die für solche Ereignisse übliche Meldekette versagt habe. „Eigentlich wissen wir, dass diese Meldekette, die für solche Fälle vorgesehen ist, nicht funktioniert hat“, sagte ein Sprecher des Bundesumweltministeriums am Freitag in Berlin. Gemeint ist die rechtzeitige Meldung von Fischsterben von polnischer Seite.
In der Oder wurde eine erhebliche Quecksilberbelastung festgestellt
Die genaue Ursache des Massensterbens ist noch unklar. Ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren wie Hitze, Wasserknappheit und Giftstoffe sei möglich, sagte Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel (Grüne) am Freitag. Wasserproben zeigten Hinweise auf eine erhebliche Quecksilberkontamination. „Erste Ergebnisse liegen seit gestern Abend vor. Offiziell haben wir es noch nicht, aber es deutet auf eine massenhafte Quecksilberbelastung als Faktor hin“, sagte der Leiter der Umweltverwaltung der Region Märkisch-Oderland, Gregor Beyer, am Freitagmorgen gegenüber RBB Inforadio. “Ob es der einzige ist, wissen wir nicht.” Die Position, dass zu wenig Sauerstoff die Ursache für das Fischsterben sein könnte, wurde von der Kreisverwaltung von Anfang an abgelehnt. “Jetzt wissen wir das auch”, sagte Beyer. “Wir haben ungewöhnlicherweise noch mehr Sauerstoff in der Oder.” Unzählige tote Fische treiben im seichten Wasser der Oder an der deutsch-polnischen Grenze Quelle: dpa/Patrick Pleul Wasserproben weisen auf eine Quecksilbervergiftung hin Quelle: dpa/Frank Hammerschmidt Brandenburgs Umweltminister Vogel bestätigte, dass in der Oder eine Quecksilberbelastung festgestellt worden sei – „aber wir können zum jetzigen Zeitpunkt keine Aussage treffen, dass Quecksilber die Ursache für das Fischsterben ist“, sagte er. “Wir wissen derzeit nicht, woran sie tatsächlich gestorben sind.” Die Regionaldirektorin für die Region Uckermark, Karina Dörk, sagte, die Region entlang der Oder werde Drohnen fliegen lassen, um zu sehen, wie das Fischsterben voranschreitet. Für diesen Samstag ist von deutscher Seite eine Aktion zum Einsammeln der toten Fische geplant. Lesen Sie auch
Umweltschützer befürchten weitreichende Folgen
Naturschützer gehen von weitreichenden Folgen für den Nationalpark Unteres Odertal aus. „Die Ergebnisse sind einfach schrecklich“, sagte Nationalpark-Vizedirektor Michael Tautenhahn. “Das ist einfach eine Katastrophe für den Nationalpark.” Tiere und Pflanzen sind ebenso betroffen wie die Entwicklung des Tourismus in der Region. „Die Vergiftungswelle hat die Oder komplett überfahren“, sagte Tautenhahn. Über die Breite des Flusses trieben tote Fische. Betroffen sind Zander, Welse, Gründlinge und Schmerlen. Fischadler und andere Vögel könnten Gift von den toten Fischen aufnehmen. Auch Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) warnte vor einer Umweltkatastrophe. „Das Fischsterben in der Oder erschüttert und beunruhigt mich sehr“, sagte der Grünen-Politiker dem Verlagsnetzwerk Deutschland (RND). Er betonte, es sei wichtig, den Sachverhalt “vollständig” aufzuklären.